Wie fast alle Banken hat auch die Berliner Sparkasse in den vergangenen Jahren immer wieder die Preise für ihre Girokonten erhöht. Dafür hätte sie jedoch die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kundinnen und Kunden benötigt, wie ein aktuelles Urteil bestätigte. Viele Bankkunden könnten jetzt Geld zurückfordern.
Ende März 2024 erging am Kammergericht Berlin das erstinstanzliche Urteil, das Signalwirkung für tausende Girokonto-Inhaber haben könnte. Zwar geht es im konkreten Fall um die Berliner Sparkasse, die ihre Girokontogebühren erhöhte und dabei ausbleibenden Widerspruch als stillschweigende Zustimmung wertete. Sollte das Urteil der Musterfeststellungsklage in den nächsten Instanzen Bestand haben, könnten sich aber auch Kunden anderer Banken Hoffnung auf Rückerstattung von Gebühren machen.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), die mit ihrer Sammelklage gegen die einseitigen Gebührenerhöhungen durch die Berliner Sparkasse seit dem Jahr 2016 vorgegangen war, behält sich trotz des Erfolgs eine Revision vor. Laut Urteil könnten Sparkassenkunden ihre seit 2018 zu viel bezahlten Gebühren zurückverlangen. Die Verbraucherschützer sähen jedoch gerne eine Ausweitung auf eine größere Zeitspanne.
« Kundinnen und Kunden der Sparkasse können Konto-Entgelte zurückfordern, denen sie nicht zugestimmt haben. Den an der Musterfeststellungsklage beteiligten Kundinnen und Kunden stehen laut Urteil Rückerstattungen von Beträgen zu, die sie seit dem Jahr 2018 zusätzlich an die Sparkasse zahlen mussten. »
Sebastian Reiling, Referent im Team Musterfeststellungsklagen des vzbv
Erst die Postbank, nun die Sparkasse
Der Richterspruch kam für die Berliner Sparkasse keineswegs überraschend. Schon im Jahr 2021 hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass deutsche Banken die explizite Zustimmung von Kontoinhabern benötigen, bevor sie neue Gebühren einführen oder bestehende Gebühren erhöhen wollen. Damals ging es um das Vorgehen der Postbank, das aber in ähnlicher Weise auch von anderen Geldhäusern angewandt worden war.
Spätestens mit dem aktuellen Urteil ist der Kern der Klagen nach Ansicht von Verbraucherschützern auch auf weitere Banken übertragbar. Hat Deine Bank oder Sparkasse in den vergangenen Jahren also ebenfalls an der Gebührenschraube gedreht, ohne dass Du aktiv eingewilligt hast, könntest Du demnach ebenfalls Geld zurückfordern. Bei der gelben Tochterbank der Deutschen Bank dürften nach einer Häufung von Pannen unterdessen viele Kunden ihr Postbank Konto online kündigen und zu einer anderen Bank wechseln wollen – sofern sie dies nicht bereits getan haben.
Gebühren zurückholen: So geht’s
Die Verbraucherzentrale führt auf ihrer Website ein Rechenbeispiel an, welche Gebühren Du konkret zurückfordern kannst. Dort kannst Du auch ein Musterschreiben erstellen, mit dem Du die Ansprüche gegenüber Deiner Bank geltend machen kannst. Das Berliner Urteil umfasst den Zeitraum seit Anfang 2018. Rechnen wir also mit zwei Gebührenerhöhungen, die Deine Bank seither vorgenommen hat und die Du stillschweigend hingenommen hast.
Beispielrechnung zu Gebührenerhöhungen beim Girokonto:
Du hast 2016 ein damals noch kostenloses Girokonto eröffnet. Mit Wirkung zum Juli 2017 führte die Bank dann eine monatliche Kontoführungsgebühr von 5 Euro ein. Knappe drei Jahre später folgte im Februar 2020 eine Verdopplung der Gebühren auf 10 Euro. Jeweils ohne Deine ausdrückliche Zustimmung.
Nach dem aktuellen Urteil kannst Du nun folgende Gebühren seit Anfang 2018 zurückfordern:
- 01. Januar 2018 bis 31. Januar 2020 = 25 Monate * 5 € = 125 €
- 01. Februar 2020 bis 31. März 2024 = 50 Monate * 10 € = 500 €
Du kannst also ganze 625 Euro an zu viel gezahlten Gebühren zurückfordern. Weitere Gebühren, die innerhalb der genannten Frist eingeführt oder erhöht wurden, sind in diesem Rechenbeispiel noch nicht inbegriffen. Diese kannst Du gegebenenfalls anhand von Kontoauszügen nachvollziehen und in Deine persönliche Rechnung mit aufnehmen.
Die Verbraucherzentralen stehen Dir im Übrigen auch bei, falls Deine Bank oder Sparkasse Dir die Erstattung verweigern oder im Zuge der Rückforderung der Gebühren gar mit einer Kündigung des Kontos drohen sollte sollte. Natürlich kannst Du nach erfolgreicher Gebührenerstattung auch selbst Dein Sparkasse Konto kündigen, sofern Du zu einer günstigeren Bank wechseln willst.
Nicht nur das neueste Gerichtsurteil zeigt schließlich, dass Girokontogebühren keineswegs ohne Alternative sind. Vielmehr findest Du nach wie vor einige sehr gute kostenlose Konten im Girokonto Vergleich.
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